Dienstag, 26. Oktober 2010

2. Bericht

Goeienaand, hoe gaan dit julle? - Guten Abend, wie geht es euch?
Nun bin ich schon ca. sechseinhalb Wochen in Namibia und die Zeit vergeht wie im Flug. Ich habe am Anfang ein bisschen Zeit gebraucht um mich hier einzuleben und um Leute kennen zu lernen, aber mittlerweile fühle ich mich hier unten im verträumten Strandstädchen pudelwohl und habe super viele Leute kennen gelernt.. Das Leben hier im südlichen Afrika unterscheidet sich total von dem gewohnten Leben in Deutschland. Zwar bekommt man hier alles, was man auch in Deutschland hätte kaufen können. Trotzdem lässt sich das Leben einfach nicht miteinander vergleichen. Die Menschen,die ich kennen gelernt habe unterscheiden sich von der Mentalität sehr von den Menschen die ich in der Heimat kenne. Nicht das es schlechter oder besser ist als in Deutschland...einfach nur anders. Viele Dinge werden immer wieder provisorisch gehandhabt. Doch ist dies nicht unbedingt gewollt, sondern wahrscheinlich ein finanzieller Aspekt. Pünklichkeit wird klein und gegenseitige Hilfe groß geschrieben. Die Menschen hier sind sehr hilfsbereit und freundlich. Hier in Swakopmund vereinfachen Kontakte das Leben sehr. Jeder kennt hier jeden und jeder kann irgendwie helfen. Egal ob bei der Wohnungssuche oder bei der Planung von Wochenendtrips. Viele kennen oder erkennen mich. Doch kommt es immer mal wieder vor, dass man als Tourist gehalten wird und gefragt, ob man eine Sonnenbrille oder eine Uhr kaufen will. Ich komme mir mittlerweile nicht mehr als Tourist vor. Ich fühle mich ein Stück weit in die Gesellschaft integriert und auch akzeptiert. Die letzten sechs Wochen waren voll von neuen Eindrücken und Bildern. Ich habe die letzte Zeit in einem Strandflat in der Strandstraße zusammen mit meiner Vorgängerin gewohnt. Die Wohnung war super schön und hatte sogar Meerblick. Oft bin ich morgens nach dem Aufstehen mit meinem Kaffee in den Garten gegangen und konnte das Meer sehen. Einen besseren Start in den Tag kann man sich gar nicht vorstellen. Meine Vorgängerin, Nina, kannte ich zufälliger Weise schon von der Ausbildung in Würzburg. Durch sie hatte ich einen perfekten Auftakt in Swakopmund. Durch sie lernte ich viele Leute kenne, kannte mich sehr schnell in Swakopmund aus und bekam einen Überbick welche Straßen und Gegenden ich besser meiden sollte. Auch die Eingliederung bei der Arbeit wurde mir somit sehr vereinfacht. Da wir beide Physiotherapeuten sind konnten wir uns bei der Behandlung der Kinder und bei der Befundaufnahme absprechen und fragen gegenseitig beantworten. Die Kinder im C.H.A.I.N. Center haben unterschiedeliche Behinderungen und benötigen unterschiedlich viel Hilfestellung was das Gehen, Essen oder die Hygiene angeht. Wir haben drei Kinder mit Trisomie 21, einige Tetraspastiken. Einige Diagnosen sind unklar und einige schwer zu behandeln. Es ist schwer die Kinder spezifisch zu behandeln ohne vorhandene Geräte. Einige Kinder bräuchten unbedingt angepasste Orthesen, Schuhe oder Rollstühle. Weiter fehlt es hier an anderen wichtigen physiotherapeutischen Geräten um eine spezifische Behandlung zu gewährleisten. Doch steht es nun in meiner Aufgabe das beste daraus zu machen und so gut es geht den Kindern bei Fortschritten und Tätigkeiten des täglichen Lebens zu helfen. Es ist eine Art Herausforderung für mich. Das Gelernte von der Ausbildung hier anzuwenden ohne die Geräte und Räume zu haben wie in Deutschland. Viel Improvisation, viel Kreativtät und eine relativ hohe Frustrationstoleranz. Ich weise nochmal daruaf hin, dass der Center Spenden in Form von Geld für Orthesen, Rollstühlen oder z.B. Spielsachen gebrauchen könnte. Die Bankverbindung ist angegeben.
Leider ist Nina gestern morgen zurück nach Deutschland geflogen. Irgendwie ein komisches Gefühl - und ich habe mir die Tage öfter mal die Frage gestellt, ob ich jetzt mit ihr tauschen würde. Bei der Beantwortung der Frage war ich mir nicht immer ganz sicher. Aber ich bin mir nun sicher, dass ich noch hier bleiben will. Ich möchte noch einiges erleben und Erfahrungen sammeln. Obwohl es hier eigentlich alles gibt was man braucht, ist es nicht das gleiche Leben wie in Deutschland. Naja, mittlerweile wohne ich in einem kleinen Einzimmerflat in Venita. Ein Stadtteil von Swakopmund ca. 15 min dem Rad von der Innenstadt entfernt. Das Flat ist super schön und besitzt alles was man braucht. Von hier zum C.H.A.I.N. Center fahre ich ca. 15 min. Ich fahre seit drei Wochen den Bus um die Kinder abzuholen und wieder heim zu bringen. Dabei geht die Tour immer quer durch Swakopmund und mir fällt immer wieder auf, wie groß der Unterschied zwischen der Innenstadt und der Küste im Vergleich zu den weiter innen gelegenen Stadtteilen ist. Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Villen und auf der anderen Seite müssen sich die Menschen ihre Häuser aus verschiedenen Sachen zusammensuchen. Als Busfahrer grüßen einem alle und man grüßt natürlich zurück. Hier in Namibia wird auf der linken Seite gefahren und am Anfang hatte ich schon ein wenig Umstellungsprobleme. Mittlerweile läuft das wie geschmiert. Sobald ich den Bus um acht uhr abgeholt habe, lade ich noch kurz im Center Anna ein und dann geht es auch schon los die 18 Kinder abzuholen. Anna ist eine Mitarbeiterin des Centers und kümmert sich hauptsächlich um das Essen und die hygienischen Dinge, wie Windeln wechseln und Toillettengeschichten und Kochen. Das Einsammeln der Kinder dauert ca. eine Stunde und führt teilweise durch die kleinsten Straßen und Gassen. Die Eltern der Kinder kennen mich mittlerweile und fragen immer nach wie es mit geht. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass man so richtig integriert und angekommen ist. Auch die Kinder haben sich mittlerweile an mich gewöhnt und einige können auch schon meinen Namen sagen. Ich persönliche habe auch schon meine Lieblinge gefunden. Penambango, Vainoch, Thomas, Salvia, Erastus, Maria und Franz. Damit ihr mit den Namen auch was anfangen könnt lade ich die Tage wieder Bilder hoch. Jedes Kind im Center hat seine eigene Art sich mitzuteilen. Die Arbeit als Physiotherapeut und als Betreuer macht mir sehr viel Spaß. Es gibt viele Augenblicke zum Lachen. Ich habe jetzt schon gelernt mit simplen Dingen effektiv zu arbeiten und im Bezug auf die Fachgeräte viel zu improvisieren. Es ist mehr als eine Herausforderung und es macht sehr viel Spaß. Es begeistert mich wie man die Kinder mit ganz einfachen Dingen zum lachen bringt und all das, was man den Kindern gibt bekommt man doppelt und dreifach zurück. Vor zwei Wochen hatten wir z.B. ein Sleeping-Over im Center mit den ältern Kindern. Ein absolutes Abenteuer. Neben Hot-Dogs, Pizza und Süßigkeiten haben wir auf Shakira getanzt und verstecken gespielt. Die Übernachtung war zwar sehr anstrengend, aber die Kinder haben die ganze folgende Woche noch davon erzählt und gefragt, wann die nächste Center Party stattfindet. Shakira ist der absolute Superstar hier unten. Sobald im Radio Shakira kommt probieren alle mitzusingen...waka waka....
Das Essen hier im südlichen Namibia ist ausgesprochen lecker. Besonders das Fleisch übertrifft die Qualität in Deutschland bei weitem. Bis jetzt habe ich Antilope, Springbock, Lamm, Zebra, Krokodil, Hai und Wildschwein gegessen. Ein absoluter Traum. Das Beste daran ist, dass Fleisch hier das 2. Grundnahrungsmittel ist. Ein Kilo Zebrasteak frisch vom Metzger kostet ungefähr drei Euro. Hingegen ein Kilo Nudeln ca. genauso teuer sind. Obst, Gemüse und besonders Milchprodukte sind gleichteuer wie in Deutschland wenn nicht sogar ein wenig teurer. Falls man mich aber besuchen kommen will und kein Fleisch ist, ist das überhaupt kein Problem. Hier gibt es eine zahlreiche Auswahl an Kürbissen, Kartoffeln, und Salaten. Auch die Backwaren sind äußerst schmackhaft. Mein Lieblingsessen sind frische Fat Cake und dazu heißes Kabana. Fat Cake ist eine Mischung aus Ciabatta und Krapfen und Kabana ist frisches Grillfleisch direkt vom Grill. Für ca. 10 N$ kann man sich damit sattessen. Das einzige was wirklich günstiger ist, sind Chips, Zigaretten und Backwaren. Eine Packung Doritos Chips kostet 60 Cent, Zigaretten kosten 2 € und ein Stück Käsekucen beim Bäcker kostet 80 Cent. Da man sich aber nicht nur von Chips, Zigaretten und Käsekuchen ernähren kann ist das Leben ungefähr gleichteuer wie in Deutschland.
In den vergangenen sechseinhalb Wochen habe ich viele Leute kennen gelernt und viele Pläne geschmiedet. Hochseefischen, nach Langusten tauchen, Robben füttern und Springbock-Schlachten sind meine nächsten Wochenend-Trips. In meiner Freizeit spiele ich entweder Fußball oder geh Angeln. Da Namibia fast 2 1/2 mal so groß wie Deutschland ist müssen wir teilweise einfache Strecken von 1200 km fahren. Und da in ganz Namibia nur ca. 2.000.000 Menschen wohnen gibt es viel Landschaft ohne Menschen zu sehen. Die Mannschaft besteht fast ausschließlich aus Einheimischen. Mit mir sind zwar auch fünf deutschsprechende Namibier dabei, der Großteil wird aber von schwarzen Namibiern gebildet. Die 1. namibische Liga ist ungefähr mit der deutschen Regionalliga zu vergleichen. Wir haben viermal die Woche Training und am Wochenende zwei Spiele. Die Wochen vergehen so schnell, dass man kaum an zuhause denkt. Trotzdem muss ich sagen, dass ich oft an meine Family und meine Freunde denken muss. Allein die Tatsache, dass es jetzt Winter in Deutschland wird und hier wird es jeden Tag heißer. Weihnachtsstimmung bekommt man hier trotzdem ...die Supermärkte verkaufen Lebkuchen und haben die großen roten Kugeln schon aufgehängt. Ich bin mal gespannt wie Weihnachten ohne Family, unter Palmen und mit 30 Grad wird. Das Wetter in Swakopmund kann sich schnell verändern. Morgens ist meistens kein Wind und auch das Meer ist ziemlich ruhig. Im Laufe des Tages wird es meistens ziemlich warm, dafür der Wind stärker und das Meer unruhiger. Die Sonnenuntergänge sind traumhaft schön. Auch der Mond und die Sterne sind viel intensiver zu sehen als aus Deutschland.
So ich denke das war es erstmal wieder. Ich freue mich über Antworten, Fragen etc. Ich hoffe es geht euch gut und ihr friert nicht ein. Alles liebe und die allerbesten Grüße aus Swakopmund.

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